Lachen
auf Rezept
Frankfurter
RundschauMAGAZIN 09.04.08
10 Fragen an Eckart von Hirschhausen: Warum der Arzt Kabarett und Medizin verbindet
Herr
Dr. Hirschhausen, haben Sie einen Lieblingsärztewitz?
An den Ecken eines Fußballfeldes stehen vier Ärzte: ein guter Orthopäde,
ein schlechter Orthopäde, ein Chirurg und ein Radiologe. In der Mitte des
Spielfelds liegen 50 000 Euro - nach dem Startschuss können alle losrennen,
wer bekommt das Geld Antwort: Der schlechte Orthopäde. Warum Gute Orthopäden
gibt es gar nicht, dem Chirurgen waren die Regeln zu kompliziert und ein Radiologe
rennt nicht los für 50 000 Euro.
Sie haben als Mediziner gearbeitet und sind jetzt Kabarettist. "Die
Leber wächst mit ihren Aufgaben" heißt Ihr neues Buch -
solche Aussagen hätten Sie sich als Arzt nicht erlauben können.
Der Titel stammt aus meinem Bühnenprogramm. Ich hatte tatsächlich
mal ein Vorstellungsgespräch für eine Stelle in einer Kinderklinik.
Da saß mir eine verbiesterte Psychotherapeutin gegenüber, die mich
wohl unseriös fand. Ich hatte erzählt, dass ich mit Humor und kleinen
Zaubertricks schnell einen Draht zu Kindern aufbauen kann. Durch ihr Veto bekam
ich die Stelle nicht.
Ist Humor im Arzt-Patienten-Verhältnis angebracht?
Ich finde ja. Heute ist das alles immer noch zu ernst, zu stark von oben herab.
Wenn ich als Mediziner meinem Patienten sage: "Du darfst keine Torte essen",
dann denkt der sich doch: "Mein Arzt bekommt gar nicht mit, wenn ich Sahnetorte
esse." Es entsteht ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen Arzt und Patient,
mit dem Ergebnis: Trotz. Verbote machen etwas erst richtig attraktiv! Eltern
sollten ihren Kindern deshalb nicht Cola, sondern Brokkoli verbieten.
Ein ungewöhnlicher Rat von einem Arzt.
Warum trinken so viele Erwachsene Cola? Weil sie es als Kinder nicht durften.
Mit vier Jahren haben wir beschlossen: "Wenn ich der Bestimmer bin, dann
kaufe ich mir das." Wenn Eltern wollen, dass ihre Kinder sich später
gesund ernähren, dann verbieten sie ihnen am besten Brokkoli, konsequent,
mit den gleichen Sprüchen. "Gemüse ist nichts für Kinder", "Wenn
du größer bist, darfst du auch ein bisschen Gemüse essen." Die
Kinder werden Brokkoli später lieben.
Interessante These - sehen Sie sich als Arzt oder als Kabarettist?
Ich sehe mich als Arzt in der Prävention. Mein Publikum bekommt "haha" und "aha".
Bitte?
Lachen und Erkenntnis. Die Leute haben Spaß und merken gar nicht, was
sie dabei alles lernen. Ich habe die Qualifikation und die Plattform, Menschen
zu erreichen, die sich sonst nicht für Gesundheitsthemen interessieren.
Ich könnte mir auch vorstellen, langfristig mein aktuelles Programm Glücksbringer
auch zusammen mit den Krankenkassen weiterzuentwickeln.
Dr. Hirschhausens Auftritte auf Rezept?
Warum nicht Die Kalenderspruch-Weisheit "Lachen ist die beste Medizin" ist
in vielen Untersuchungen bestätigt worden. Das gilt natürlich besonders
für alle psychischen Krankheiten. Mein Bühnenprogramm "Glücksbringer" ist
insgeheim Depressions-Prävention. Ich habe schon öfter gehört,
dass Therapeuten ihren Patienten die "Glücksbringer"-DVD mitgeben.
Und das finde ich toll.
Was macht glücklich?
Glück ist eine Nebenwirkung, die sich einstellt, wenn ich etwas tue, von
dessen Sinnhaftigkeit ich überzeugt bin. Sein Glück zu suchen zum
Bei-spiel allein durch Genuss, ist zum Scheitern verurteilt. Ein Stück
Schoko-lade ist herrlich, aber eine ganze Schokotorte macht nicht glücklicher.
Glück ist eine Frage der mentalen Bewertung. Wenn der Magen grummelt und
Sie sind frisch verliebt, dann ist das für Sie ein positives Zeichen: Schmetterlinge
im Bauch. Wenn Sie aber nicht verliebt sind, sagen Sie sich vielleicht: "Nie
mehr Fischbrötchen!" Das heißt: Nicht das Signal macht uns glücklich
oder unglücklich, sondern seine Bewertung.
Sie meinen viele Krankheiten wären halb so schlimm, wenn wir uns
nicht so anstellen würden?
Vor ein paar Wochen wurde eine interessante Studie veröffentlicht. Den
Teilnehmern hat man zwei Medikamente gegeben. Man sagte ihnen, das eine koste
10 Cent, das andere 2,50 Dollar. Die Leute sollten sagen, welches besser sei.
Es kam raus, dass das teure wirklich besser wirkte. De facto waren beide Medikamente
Scheinmedikamente. Das heißt: Allein die Erwartung, dass das teure Medikament
besser ist, lässt es besser wirken. Ich frage mich: Wenn die Seele so einen
starken Einfluss auf unsere Gesundheit hat - warum nutzen wir sie dann nicht
professioneller und systematischer Vielleicht bräuchten wir einen Facharzt
für Scharlatanerie.
Was macht man als Mediziner mit einem notorischen Hypochonder wie Ihrem Fernseh-Gastgeber
Harald Schmidt?
Herr Schmidt ist zwar bekannt dafür, dass er sich viel mit Krankheiten
beschäftigt, aber er konsultiert mich nicht privat. |